Wachen Sie auf!

Kürzlich las ich diesen interessanten Satz, der mich zum Nachdenken anregte:„Die Wahrheit ändert den Menschen ebensowenig, wie sie Gott ändert – sie offenbart den Menschen als Idee, so vollkommen, wie Gott ihn geschaffen hat.


Das kann man ergänzen mit der Beschreibung des Menschen als Bild der Liebe, das kein von Gott getrenntes Gemüt hat, das keine Intelligenz noch schöpferische Kraft aus sich selbst besitzt, sondern alles widerspiegelt, was zu seinem Schöpfer gehört und deshalb unfähig ist, zu sündigen, krank zu sein oder zu sterben.


Erkenne ich mich in diesem Menschen? Wenigstens teilweise? Oder gar nicht? Was ist notwendig, um mehr von diesem Menschen, der ich in Wirklichkeit bin, zu erkennen?

 

In der wöchentlichen Bibellektion mit dem Thema Geist wurde uns empfohlen, eine falsche Auffassung vom Selbst zu opfern, d. h., alles aufzugeben, was nicht dem eben beschriebenen Menschen entspricht. Die spannende Frage: Wie sehe ich mich selbst? kann sich jeder stellen. 

 

Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, schrieb an einen ihrer Schüler, der große Probleme hatte, u.a.: „Wachen Sie einfach auf! Und sehen Sie Ihr wahres Selbst zehn Minuten lang oder eine Minute, und dieser ganze Lärm um nichts wird erkannt werden.“ (aus Christliche Heilerin von Yvonne Caché von Fettweis und Robert Townsend Warneck)


Wachen Sie einfach auf! Das klingt nach einer leichten Übung! Das wahre Selbst scheint oft unter vielen Schichten verborgen zu sein, aber durch gründliches Studium und Anwenden dessen, was wir verstanden haben, können wir Schritt für Schritt unser von Gott gegebenes Selbst erkennen. 

Ich war oft überrascht, dass sich manches, was ich über lange Zeit als zu mir gehörend ansah, sich auflöste und etwas Besseres sichtbar wurde.


Ein Beispiel: In Berlin mit dem Auto unterwegs zu sein, ist oft eine Zumutung und Herausforderung. Es ist noch nicht lange her, da habe ich zu denen gehört, die während der Fahrt laut vor sich hin schimpfen. Ich regte mich auf über die, die rücksichtslos fuhren und über die, die vor sich hin trödelten, wenn man ausnahmsweise mal 50 fahren konnte. 

Bis ich merkte, dass ich mich damit selbst von der Harmonie ausschloss.

 

Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, steht: „Unsere falschen Auffassungen verbergen die Harmonie und schaffen die Übel, über die wir uns beklagen.“ 

Also beschloss ich eines Tages, bevor ich ins Auto stieg, darüber nachzudenken, dass, wenn Gott Alles-in allem istder von Gott geschaffene Mensch – in Wirklichkeit gibt es keinen anderen –, weder aggressiv, rücksichtlos noch sonst irgendwie abartig sein kann.

Ich war tief beeindruckt, weil meine Wahrnehmung der Verkehrssituation daraufhin eine völlig andere war im Vergleich zu der, die ich sonst hatte, sodass ich mich fragte, warum ich mich so lange den allgemeinen Auffassungen angeschlossen hatte.

Wir können jederzeit entscheiden, was und wie wir denken wollen.

 

Mary Baker Eddy sagt: „Die göttliche Forderung: Darum sollt ihr vollkommen sein, ist wissenschaftlich und die menschlichen Schritte, die zur Vollkommenheit führen, sind unerlässlich. Die Menschen sind konsequent, die wachen und beten…, die vorwärts gehen und nicht müde werden, die das Gute schnell erringen und ihre Stellung behaupten, oder die es langsam erreichen und sich nicht entmutigen lassen.“ (S.253)

Und an einer anderen Stelle: „Erarbeitet eure eigene Erlösung, ist die Forderung von Wahrheit und Liebe, denn zu diesem Zweck arbeitet Gott mit euch!“ (S.22) Es wird viel von uns gefordert, aber Gott arbeitet mit uns! Wir sind niemals allein.


Wenn wir uns der Gegenwart und des Wirkens Gottes mehr bewusst werden, können wir uns über Standpunkte und Überzeugungen, die uns nicht weiterbringen, erheben und sie hinter uns lassen.

 

Kürzlich war ich in Zehlendorf und wollte über Halensee nach Westend fahren. Am Roseneck landete ich wegen einer unübersichtlichen Baustelle in einer Sackgasse und musste einen anderen Weg finden. In der Kantstraße konnte man nur sehr langsam Slalom fahren, aber statt genervt zu reagieren, empfand ich Wertschätzung für die Arbeit der Männer, die bei dichtem Verkehr neue Markierungen anlegten und für all die Autofahrer, die sich diszipliniert und rücksichtsvoll verhielten. Ich kam entspannt zuhause an und freute mich über die Erkenntnis, dass unser Denken unser Erleben bestimmt und das nicht nur im Straßenverkehr.

 

Wir müssen allerdings aufpassen, dass wir uns in der nächsten herausfordernden Situation nicht verführen lassen, in das weit verbreitete Denken und Verhalten zurückzufallen. Das erfordert Disziplin, aber es lohnt sich. 

Wenn wir danach streben, in uns selbst und in anderen das Bild der Liebe wahrzunehmen, machen wir völlig andere Erfahrungen und tragen zum Fortschritt bei.

In der erwähnten Lektion Geist stand auch dieser wunderbare Satz: 

„Alles, was das menschliche Denken in Übereinstimmung mit einer vom sterblichen Selbst losgelösten Liebe hält, empfängt unmittelbar die göttliche Kraft.“


Karin